Prophezeiung eines weiteren chinesischen Nostradamus für dieses Jahr: Das Tui Bei Tu für 2025 (推背图 Tuī bèi tú)
Das Tui Bei Tu ist eine Zusammenstellung von 60 Gedichten – ebenfalls den 60 JiaZi entsprechend – über das Schicksal Chinas aus der Tang-Zeit (618–907). Als Autoren werden Li Chungfeng und Yuan Tiangang angegeben. Es ist anzunehmen, dass diese das Di Mu Jing kannten. Dem Text wurde im 17. Jahrhundert noch ein Kommentar von Jin Shengtan (ca. 1610–1661) hinzugefügt.
Der Text verdankt seinen Namen den Bildern, die jedem Gedicht zugeordnet sind.
Ähnlich wie beim Di Mu Jing, wird auch dem Autor des Tui Bei Tu der Ehrentitel "chinesischer Nostradamus" verliehen. Zu Deutsch heißt der Text "Zurückschiebeskizzen". Der Name rührt daher, weil jedem Gedicht ein Bild zugeordnet wird.
Ein Text – mehrere Auslegungsarten
Der Text kann unterschiedlich interpretiert werden. Es ist nicht klar, auf welche Zeitabschnitte sich jedes Gedicht bezieht. Die Einen gehen davon aus, dass nach der Erfüllung der Aussagen eines Gedichts das darauffolgende anstehen würde.
Einige Interpreten sind der Ansicht, dass wir vor der Erfüllung von Gedicht Nummer 56 stehen, das ich bereits in einem Blogbeitrag vorgestellt habe.
Man kann sich jedoch auch die spezifische Konstellation der Jahressäule ansehen. Für das Jahr der Holz-Schlange wäre dies Gedicht Nr. 42, das ich hier vorstelle.
Tui Bei Tu: Gedicht Nr. 42 zur Holz-Schlange (chin. 乙巳 yĭsì)
Der Text und dazugehörige Skizze des Gedichts Nr. 42 im Tui Bei Tu
Pin-Yin-Umschrift von Gedicht Nr. 42:
Chèn yuē:
Měirén zì xī lái cháo zhōng rìjiàn ān
Zhăng gōng zài dì wēi ér bù wēi
Sòng yuē:
Xīfāng nǚzǐ pípá xiān jiǎojiǎo yīshang sè gèng xiān
Cǐ shí hún jī nì cháoshì nào luàn jūnchén bǎi wàn bān
Jīnshèngtàn:
“Cǐ xiàng yí yī nǚzǐ dāng guó, fú sè shàng bái, dàquán dúlǎn, jǐ wēi shèjì, fāxiàn huò zài mǎo nián, cǐ shǐ luàn zhī zhào yě.”
Meine Übersetzung von Gedicht Nr. 42:
Die Prophezeiung sagt:
Die Schöne aus dem Westen kommt, der Hof und Mitte/China werden Tag für Tag friedlicher.
Langbogen liegt am Boden, Gefahr und doch keine Gefahr.
Die Ode sagt:
Westliche Frau mit Pipa ist eine Unsterbliche, sie trägt ein strahlend weißes Kleid und die Farbe ist noch frischer.
Zu dieser Zeit sind die Spuren trübe am Hof und in der Stadt, es gibt lärmenden Aufruhr bei Herrscher und Untertanen in vielerlei Arten.
Jin Shengtan:
„Das Bild deutet darauf hin, dass eine Frau das Land verwaltet, ihre Kleider sind noch weiß, sie reißt große Macht an sich, einige bringen das Land in Gefahr, dies entdeckt man in einem Hasen-Jahr, dies ist ein Omen für den Beginn von Unruhen.“
Interpretation von Tui Bei Tu, Nr. 42:
Der Text Nr. 42 behandelt die Elemente-Kombination der Holz-Schlange:
Das Bild
Auf dem Bild ist eine Frau mit langem Gewand zu sehen, die ein Saiteninstrument in der Hand hält. Neben ihr liegt ein Langbogen und links neben ihr sitzt ein Hase. Der Bogen ist ein Kriegswerkzeug, der gerade nicht benutzt wird, aber in Reichweite liegt. Der Hase daneben wird in der chinesischen Kultur oft mit dem Mond assoziiert. Als Jadehase begleitet er oft die Mondgöttin. Sie ist ein Symbol für Langlebigkeit und Unsterblichkeit. Ist sie hier vielleicht dargestellt?
Der Bogen und die Mondgöttin kommen in einer Legende vor, in welcher ihr Ehemann Houyi ein Bogenschütze ist. Dieser rettet die Welt vor dem Versengen, indem er neun von zehn Sonnen vom Himmel abschoss. Nur noch die eine, die wir bis heute haben, blieb am Ende übrig.
Der Text
Der Text des Gedichts Nr. 42 weist auf eine friedlichere Zeit hin, die jedoch auch Gefahren in sich birgt.
Es ist die Rede, dass eine schöne Frau aus dem Westen kommt und mehr Harmonie am Hof, das heißt in der Regierung und im Reich der Mitte einkehrt.
Das Wort 朝 cháo, welches sich übersetzen lässt mit Hof oder Dynastie, kann auch für die Volksgruppe der Koreaner in China stehen. Insofern könnte man hier im ersten Vers, wo es neben dem Wort 中 zhōng steht, dieses auch mit China übersetzen. Dann würde hier die Beziehung zwischen Korea und China beschrieben werden, die zunehmend friedlicher wird.
Die Gefahr scheint momentan gebannt, doch der Langbogen liegt sichtbar am Boden. Vielleicht ist hier das Demonstrieren von Waffenmacht als Abschreckung gemeint, während man sich nun lieber auf die schönen Dinge des Lebens konzentriert, wie beispielsweise die Musik, da die Dame auf der Abbildung ein Lauteninstrument hält.
Die Ode führt weiter aus, dass die Frau aus dem Westen eine Unsterbliche ist, also vielleicht tatsächlich die Mondgöttin? Auf ihr Gewand wird explizit eingegangen: sie trägt ein strahlend weißes Kleid und ihre Farbe ist noch frischer. Eine überirdisch erscheinende Figur also.
Die Farbe Weiß ist in China eigentlich eine Trauerfarbe. Sie steht für Alter, Herbst, den Westen, aber auch für Hinterlist. Ein weißes Gewand wurde gewöhnlich als Zeichen der Trauer getragen, aber während der Song-Zeit trugen es auch Gelehrte und einfache Menschen.
Der Westen und die schöne Frau (chin. 美人 mĕi rén) könnte vielleicht auch eine Anspielung auf die Vereinigten Staaten von Amerika sein. Dieses Land war damals zwar noch unbekannt, aber trägt auch das Wort „schön“ im Namen: 美國 Měiguó und liegt im Westen. Vielleicht spielt das Land in diesem Zusammenhang eine Rolle als Friedensstifter in der Welt?
Tritt hier ein Land, wie z. B. die USA, als Vermittler oder vermeintlicher Friedensbringer auf und verfolgt damit seine eigenen Interessen? Tatsächlich spielen die USA ja bei den gegenwärtigen globalen Konflikten in Israel und der Ukraine eine wichtige Rolle. Aber auch der Handelskonflikt zwischen China und USA steht im Raum.
Der Regierungskurs des neuen Präsidenten Trump kann dabei das Zünglein an der Waage sein. Kann der neue politische Kurs die Welt befrieden, wie der Mann der Mondgöttin, der die neun Sonnen als Gefahrenherde eliminiert? Oder bedeutet es, dass von zehn konkurrierenden Mächten am Ende nur noch eine übrigbleibt und dann erst wieder Frieden einkehren kann, in der eine Pflege von Musik und Kultur wieder möglich ist?
Der Kommentar
Der Kommentar von Jin Shengtan präzisiert hier, dass eine Frau ein Land verwaltet. Sie erscheint in weißem Gewand und reißt die Macht an sich. Es gibt Menschen, die das Land gefährden können. Diese Gefahr entdeckt man in einem Hasen-Jahr, das der Auftakt für Unruhen sein wird.
Im Kommentar wird explizit ein Hasenjahr benannt. Das deutet auf Jin Shengtans Sichtweise hin, dass mit diesem Gedicht auch ein größerer Zeitraum als der eines einzigen Jahres thematisiert worden sein könnte. Das letzte Hasen-Jahr war 2023, das nächste wird erst 2035 sein. Möglicherweise nimmt der Kommentator hier auch den auftretenden Hasen als zu wörtlich.
Diese Mehrdeutigkeiten, die sich im ganzen Tui Bei Tu befinden, sind der Grund dafür, dass es den verschiedenen Interpreten des Textes schwerfällt, sie einem eindeutigen Geschichtsereignis zuzuordnen. Demnach bleibt es spannend, wo wir uns tatsächlich im Zyklus des Tui Bei Tu befinden.
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Aus dem Inhalt:
- Themen und Trends auf globaler Ebene in diesem Jahr, einschließlich Themen wie Wirtschaft, Weltfrieden, Wissenschaft und Gesundheit
- Drei altchinesische Prophetie-Texte mit Prognosen für das Jahr der Holz-Schlange 2025: Mutter-Erde-Orakel, Tui Bei Tu und Huang Ji Jingshi
- Prognose für die zwölf chinesischen Tierkreiszeichen in diesem Jahr
- Günstige Daten für Aktivierungen und zum Fassen guter Vorsätze und vieles mehr
- Tipps und Erklärungen zum Feng Shui im Jahr 2025 einschließlich Übersichten über die zwölf Monate
- Einblicke in den Qi-Men-Dun-Jia-Jahres-Chart für 2025 und Handlungsempfehlungen
- Anhang mit Tabellen zum leichteren Verständnis, beispielsweise um dein chinesisches Tierkreiszeichen und deine persönliche Lebens-Gua herauszufinden
- Hintergründe zur chinesischen Metaphysik