Der chinesische Nostradamus: das sagt das Mutter-Erde-Orakel über 2024
Da der chinesische Kalender sich auf allen Zeitebenen unaufhörlich wiederholt, eignet er sich besonders für Prognosen und Prophezeiungen. In der chinesischen Geschichte entstanden im Laufe der Jahrhunderte eine ganze Reihe von Prophetie-Texten. Ein recht bekannter davon ist das sog. Di Mu Jing oder Mutter-Erde-Orakel (chin. 地母經 dì mŭ jīng). Dieses hat seine Ursprünge in der Zeitenwende und ist in seiner heutigen Form seit der frühen Qing-Zeit überliefert.
Das Di Mu Jing wird auch heute noch in chinesischen Almanachen (Tong Shus) abgedruckt und ist Bestandteil der chinesischen Prognosekultur.
Aufgrund seiner Berühmtheit hat man ihm in Anlehnung an den berühmten französischen Astrologen Michel de Nostredame (1503–1566) den Titel "chinesischer Nostradamus" verliehen. Allerdings hat man diesen Ehrentitel auch anderen Autoren verliehen, so unter anderem Zhuge Liang (181–234 n. Chr.) mit seinen 14 Prophezeiungen oder auch Liu Bowens Shaobing Ge (1311–1375, chin. 燒餅歌 shāobǐng gē „Kekslied“).
Die Autoren dieser Texte wie auch des Di Mu Jing beziehen sich bei ihren Aussagen meist auf die damalige Lebensrealität, Witterungsbedingungen und bestimmte Landstriche im Stammland China.
Das Di Mu Jing selbst besteht aus 60 Gedichten. Jedes Gedicht interpretiert die Himmelsstamm-Erdzweig-Kombination des jeweiligen Jahres und trifft anhand von dieser Prognosen die zu erwartenden Ereignisse. Aufgrund der Elemente-Beziehungen kann man dies jedoch auch auf andere Landstriche bzw. die ganze Welt übertragen.
Für den Holz-Drachen 2024 (chinesisch 甲辰 JiaChen) wird Folgendes vorausgesagt:
Hier geht es zur Textquelle.
Pin-Yin-Umschrift:
Jiăchén nián
Shī yuē:
Tàisuì jiăchén nián, dào má yī bànkōng. Chūn xià zāo yānmò, qiūdōng liú bùtōng.
Lŭ de sāng yè hăo, wú bānggǔ bù fēng. Sāng qì mòhòu guì, xiānghè hăo tiān chóng.
Gū mài jià lì guì, xuě dòng zài sān dōng.
Bŭ yuē:
Lóngtóu shŭ jiă chén, gāodī gòng wŭ fēn. Dòu mài wú chéng shí, liùchù yì zāo zhūn.
Gèng kàn dōngzhì hòu, shuāng xuě luò fēnfēn.
Meine Übersetzung:
Holz-Drachen-Jahr
Das Gedicht sagt:
(Großer Herzog) JiaChen-Jahr, Reis und Hanf sind zur Hälfte leer. Frühling und Sommer treffen auf eine Überschwemmung, im Herbst und Winter kann es nicht fließen.
Im Staat Lu sind die Maulbeerblätter gut, im Staat Wu ist das Getreide nicht üppig. Maulbeere wird verworfen und zu guter Letzt teuer, die Seidenraupe wird aber geschätzt.
Der geschätzte Verkaufspreis zum Beispiel ist hoch, Schnee gefriert in drei Winter(monate)n.
Das Orakel sagt:
Die Führungsrolle gehört dem Holz-Drachen, Hoch und Niedrig teilen gemeinsam fünf, Bohnen und Getreide tragen keine Früchte, die sechs Tiere leiden auch und gehen.
Weiter sehen wir nach der Wintersonnenwende, Frost und Schnee fallen dicht an dicht.
Der Text bezieht sich nur auf die Elemente-Kombination des Jahres, das heißt auf die Jahressäule des Holz-Drachen:
Bei Großer Herzog ist der führende Erdzweig des Jahres gemeint. Dies ist hier der Holz-Drache (JiaChen).
Der Text handelt vornehmlich vom Zustand der Landwirtschaft in bestimmten Gebieten bzw. Staaten Chinas.
In diesem Jahr sollen die Vorräte an Reis und Hanf zur Hälfte leer sein. Allgemein gesprochen sind die Nahrungsmittel als auch die Werkstoffe halb aufgebraucht.
In der ersten Jahreshälfte soll es zu Überschwemmungen kommen, während das Wasser im Herbst und Winter nicht fließen kann, d. h. vielleicht ist es dann zu trocken oder es kommt zu Stauungen.
Im Staat Lu sollen Maulbeerblätter gut sein. Diese dienen als Nahrung für die Seidenspinner und sind daher wichtig für die Seidenproduktion, einem wichtigen Wirtschaftszweig im alten China. Auf heutige Verhältnisse übertragen kann es für die Wirtschaft, Industrie und den Handel im Allgemeinen stehen. Der Wirtschaft geht es demnach in einigen Teilen der Welt gut.
Im Staat Wu hingegen herrscht Mangel an Getreide. Das deutet auf ein Ungleichgewicht in der Produktion und Landwirtschaft hin. Möglicherweise werden wir dieses Jahr in einigen Gebieten mit Missernten aufgrund klimatischer Extrembedingungen oder anderen Naturkatastrophen rechnen müssen.
Leider spricht der Text vom Verwerfen und von einem Preisanstieg der Maulbeeren, was auf eine erneute Inflation bzw. auf einen Preisanstieg aufgrund von Lieferengpässen bei Rohstoffen hindeutet.
Es ist weiter die Rede von einem strengen Winter. Mit drei Wintern sind die drei Wintermonate von November bis Januar gemeint. Möglicherweise werden wir mehr Schnee und Kälte als in den vergangenen Jahren erleben. Laut dem letzten Absatz des Gedichts gibt es besonders zur Wintersonnenwende viel Frost und Schnee.
Der Text des Orakels wirkt kryptisch: „Hoch und Niedrig teilen gemeinsam fünf“. Mit Hoch und Niedrig können Gesellschaftsschichten gemeint sein oder Hochland und Niederungen, die alle gleichermaßen betroffen sind. Dies bedeutet, dass die Ereignisse dieses Jahres alle Landschaften bzw. die ganze Welt betreffen.
Was könnte mit „fünf“ gemeint sein? Am wahrscheinlichsten ist fünf eine Anspielung auf die fünf damals in China gebräuchlichen Getreidesorten wie Sojabohnen, Weizen, Hirse, Reis und Fuchsschwanzhirse. Die Aufzählung variierte auch im Laufe der Zeit, war aber so wohl zur Zeit der Entstehung des Gedichts üblich. Das bedeutet, dass alle von den gleichen Vorräten leben müssen, während wohl eine Missernte bei Bohnen und Getreide bevorsteht, möglicherweise aufgrund der oben genannten Überschwemmungen oder Katastrophen. Wir können also davon ausgehen, dass die Auswirkungen auf die Landwirtschaft die gesamte Weltwirtschaft beeinträchtigen werden.
Somit scheint die Krise der vergangenen Jahre noch nicht überwunden, zumal auch noch davon die Rede ist, dass die sechs Tiere ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Die sechs Tiere sind die damaligen Nutztiere in China, nämlich Kuh, Schwein, Huhn, Pferd, Schaf/Ziege und Hund. Diese bildeten das Vermögen der damaligen Menschen. Auf heutige Verhältnisse übertragen kann es demnach die Vermögenswerte der Leute sowie den Aktienmarkt verkörpern, denen es nicht gut geht. Wir werden also wieder eine Berg- und Talfahrt der Aktienkurse erleben.
Es wird im Text der Zeitpunkt der Wintersonnenwende genannt, wo es viel Frost und Schnee geben soll. Abgesehen von den Witterungsbedingungen können wir diese Passage auch auf die allgemeine Stimmung auf der Welt übertragen: Wo Frost und Schnee herrschen, liegt alles brach und es geht nichts voran. Ist dies möglicherweise ein Hinweis auf eine Stagnation?